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Schleuse Charlottenburg, Spree-Oder-Wasserstraße km 6,10

Die Geschichte von Stau, Wehr und Schleuse Charlottenburg beginnt genau genommen im Jahre 1699 mit der Einweihung von Schloss Charlottenburg. Der Standort wurde bewusst in unmittelbarer Nähe der Spree gewählt, da der Fluss zur Bewässerung des Parks benötigt wurde. Zunächst waren die beiden Spreeufer durch eine Fähre verbunden. 1709 wurde an dieser Stelle ein Holzsteg mit einem Schiffsdurchlass errichtet. Als Adolf Wiebe im Jahre 1881 seinen Plan zur Kanalisierung der Unterspree vom Mühlendamm bis zur Mündung der Spree in die Havel bei Spandau veröffentlichte, wurde – neben der Senkung des Wasserspiegels und einer Vertiefung der Sohle – gefordert, „die Stadtschleuse aus dem Schleusenkanal herauszunehmen und am Mühlendamm in den Spreelauf zu verlegen“ sowie „in Charlottenburg ein Wehr mit Schleuse anzulegen“. Mit diesen Verbesserungen, so Wiebe, wäre es möglich, dass „außer den gewöhnlichen Oderkähnen von rund 40,00 m Länge bei 4,60 m Breite und den kleineren Elbfahrzeugen, so weit diese in den vorhandenen Schleusen Aufnahme finden können, Elbkähne bis zu 65,00 m Länge und 8,00 m Breite bis Berlin gelangen“ würden. Das Charlottenburger Stauwerk, für das ein Nadelwehr vorgesehen war, wurde notwendig, um bei kleineren Wasserständen der Havel im oberen Teil der Schifffahrtsstraße mit der Schleuse Plötzensee, der Unterschleuse Landwehrkanal und der Stadtschleuse die erforderliche Schifffahrtstiefe zu erhalten. Projektiert wurden zwei baugleiche nebeneinander liegende Schleusen, „welche dem Bedarf voraussichtlich genügen werden“, die jedoch so weit „vom rechten Flussufer gelegt werden, dass hier ohne Störung der Schifffahrt noch eine dritte Schleuse gebaut werden kann, sofern die Größe des Verkehrs solches bedingen sollte“. In den Jahren 1889 bis 1892 erfolgte die Ausbaggerung des Spreelaufes für eine Breite von 50 m nebst beiderseitigen hochwasserfreien Treidelpfaden. 


Ursprünglich sollten Wehr und Schleuse Charlottenburg am Spree-Eck unmittelbar unterhalb der Einmündung des Charlottenburger Verbindungskanals in die Spree gelegt werden. Gebaut wurden sie schließlich 2,50 km flussabwärts in Richtung Eisenbahnbrücke Jungfernheide, weil das Hofmarschallamt Wert darauf legte, den Wasserstand entlang des Charlottenburger Schlossparks möglichst gleichmäßig zu halten. Spreeregulierung und Bau von Wehr und Schleuse Charlottenburg standen unter der Oberleitung von Wasserbauinspektor Eugen Mohr (1839-1898). Die Arbeiten wurden in drei Jahren von 1882 bis 1885 durchgeführt. Die Schleusenanlage wurde in einen gesonderten Kanal gelegt. Sie besteht aus zwei Schleusen mit nutzbaren Längen von 87,00 m und 67,00 m sowie Breiten von je 9,60 m. Bei Niedrigwasser beträgt die Fahrwassertiefe in der Schleuse 2,27 m. Das Wehr hatte eine Lichtweite von 50 m, von denen 10 m auf das am rechten Ufer liegende Trommelwehr entfallen. Die übrigen Öffnungen sind mit Schützvorrichtungen versehen.


Der Bau in Charlottenburg erlaubte nun die Schiffbarkeit für 650-t-Schiffe bis zur Einmündung des Kupfergrabens in die Spree. Eine Weiterfahrt von Schiffen dieser Größe zur Oberspree war nicht möglich, da die Stadtschleuse zu klein war. Erst am 25. September 1894 konnte die Schleuse Mühlendamm mit einer weitschauend nutzbaren Länge von 110,00 m und einer Breite von 9,60 m der Schifffahrt übergeben werden. Der seit 650 Jahren verschlossene Hauptarm der Spree wurde zum Großschifffahrtsweg – die Spree-OderWasserstraße. Mit der nahenden Vollendung des Mittellandkanals und den dann ankommenden  1000-t-Schiffen mussten die Berliner Wasserstraßen aufnahmebereit gemacht werden. Die Schleuse Charlottenburg war hinsichtlich Länge und Breite ausreichend, allerdings lag der Drempel so hoch, dass er eine volle Ladung von Schiffen dieser Größenordnung nicht zuließ. Im Jahre 1938 schloss die Reichswasserstraßenverwaltung deshalb mit der Stadt Berlin einen Vertrag, in dem festgelegt wurde, dass Berlin für den Durchstich und den geplanten Neubau der Charlottenburger Schleuse den Grunderwerb und den Bau der Brücken im Zuge des Tegeler Weges und der Beusselstraße übernehmen würde. Als weitere Maßnahme wurde die Verbesserung der Zufahrt zum Westhafen als dring- lich eingestuft. Hierfür erfolgte der sogenannte Charlottenburger Durchstich von der Charlottenburger Schleuse zum Westhafen. Zugleich wurde die Unterspree begradigt, verbreitert und vertieft, so daß überall ein dreischiffiger Querschnitt für mindestens zwei 1000-t-Schiffe und ein 600-t-Schiff gewährleistet wurde. Im Zusammenhang damit sollten die beiden Charlottenburger Schleusen durch Neubauten von ausreichenden Abmessungen ersetzt werden. Der Krieg vereitelte diese Baumaßnahme. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands wurde im Rahmen des „Verkehrsprojektes Deutsche Einheit Nr.17“ festgestellt, dass die Abmessungen der beiden vorhandenen Schleusenkammern in Charlottenburg mit nutzbaren Abmessungen von 64,50 m bzw. 82,00 m Länge und 10,00 m Breite für den zu erwartenden Verkehr mit Schubverbänden nicht ausreichen. Die Planung sah nun eine neue Schleusenkammer direkt unter der Rudolf-Wissell-Brücke mit nutzbaren Abmessungen von 115,00 m Länge und 12,50 m Breite in direkter Verlängerung des Westhafenkanals mit dem Durchstich eines Spreebogens als westliche Zufahrt mit Koppel- und Wartestellen in den Vorhäfen vor. Als unabdingbare Grundlagen für den Entwurf wurden festgeschrieben: Aufrechterhaltung des Betriebes der alten Schleuse während der Bauphase, Sicherung und Nachgründung des flachgegründeten Pfeilers 11 der Stadtautobahn unter der Rudolf-Wissell-Brücke, Bau einer Schleusenbrücke, keine Änderung des Grundwasserspiegels, Erneuerung der Ver- und Entsorgungsleitungen sowie die Beachtung des Vertrages zwischen Berlin und dem Deutschen Reich aus dem Jahre 1938.


Im Jahre 1997 wurde die neue Schleuse Charlottenburg, der obere und untere Vorhafen sowie die sich aus dem Bauvorhaben ergebenden Maßnahmen planfestgestellt. Die Bedenken hinsichtlich des Durchstiches und der Verfüllung des Altarmes wurden gesondert behandelt. Diese Planfeststellung erfolgte im Jahre 2002. Die Schleuse Charlottenburg wurde in den Jahren von 1998 bis 2003 neu gebaut und am 18. Dezember 2003 dem Verkehr übergeben. Die beiden alten Schleusen aus dem Jahre 1885 sind bis heute erhalten, werden aber derzeit nur in Ausnahmefällen genutzt. Zu den begleitenden Maßnahmen gehörten der Ausbau eines Geh- und Radweges vom Nonnendamm über das Wehr zur Rohrdammbrücke sowie zum Schlosspark Charlottenburg. Neben der Schleuse hat vor allem auch das Wehr Charlottenburg eine große Bedeutung für Berlin, da darüber der Wasserstand der Spree bis hin zum Mühlendamm geregelt wird. Ohne diesen Stau mit einer Stauhöhe von rund 1,30 m würde die Spree schneller durch die Stadt fließen und damit den Grundwasserstand im Stadtzentrum sinken lassen. Verheerende Schäden für Natur und Umwelt wären die Folge. Für die Schifffahrt wird ein ausreichender Wasserstand gehalten. Eine Inspektion der Bundesanstalt für Wasserbau hatte ergeben, dass die Standsicherheit der zwischen 1883 und 1885 errichteten Stauanlage nicht mehr gewährleistet ist. Die Bauarbeiten für den Wehrneubau begannen im Februar 1998 ungefähr 20 Meter flussaufwärts. Die Betonsohle des neuen Bauwerks wurde mit rund 300 Ankerpfählen gegen Auftrieb gesichert. Entstanden ist eine Wehrbrücke mit 5 Doppelschützen von je 10,00 m Breite, mit denen der Wasserstand geregelt wird. Das neue Charlottenburger Wehr wurde im Jahr 2000 in Betrieb genommen.